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Die Presse über unser phantastisches Hobby

Ein Bericht aus der Berliner Zeitung

Hinweis der Converanstalter vom 29.08.02
Als wir diesen Bericht lasen, waren wir zutiefst entsetzt. Wir haben vor 6 Jahren im Januar (1996) auf der Marienburg bei Abtsgmünd (in der Nähe von Hüttllingen) gespielt und unser Land heißt Heligonia. Also ist eine gewisse Ähnlichkeit durchaus vorhanden. Auch Axel, der den Tod spielt und in Ulm wohnt fand keine Worte. Außerdem kann er gar kein Schwäbisch, weil er nur in Ulm studiert und ursprünglich aus Bremen kommt. Das was ihm da in den Mund gelegt wurde, war frei erfunden. Wir nehmen an, dass der Verfasser bruchstückhafte Informationen aus dem Internet hat und den Rest dazugedichtet hat, um damit einen Bericht zu verfassen. Er selbst kann nicht dort gewesen sein, weil wichtige Details nicht stimmen. Außerdem wüßten wir das. Es ist bestimmt keiner nackt durch den Wald gerannt, weil es geschneit hat. Dann sind manche Namen wohl richtig (wir haben tatsächliche eine Bettina, die Archäologie studiert) und andere Dinge völlig aus der Luft gegriffen. Der Baron hieß von Tatzelfels, wir sind nicht die Helegonier und andere Namen sind sehr ähnlich aber nicht richtig. Die Reihe läßt sich endlos fortsetzen. Erstaunlicherweise wird mein Name und der der Mitververanstalter nie erwähnt. Nur durch Zufall sind wir jetzt auf diesen Bericht gestoßen, doch sehen wir keine Möglichkeit den Verfasser zur Rede zu stellen. Dieser hat wahrscheinlich nach einer kurzen Recherche im Internet seinem Verleger vorgemacht, er habe die Veranstaltung besucht und eine Reportage verfaßt! Ich fände es toll, wenn ihr unsere Stellungnahme mit zum Bericht auf eure HP packen könntet. Oder falls ihr Näheres über den Verfasser sagen könntet mit uns in Kontakt tretet.

www.heligonia.de
schreibstube@heligonia.de

Anmerkungen von mir (Tristan) sind orange eingefärbt - der Text ist nicht so das Wahre und darf nicht länger unkommentiert stehen bleiben - vielen Dank an Maria für den Hinweis!

Du bist tot! Bin ich nicht!

Wenn Liverollenspieler kämpfen, fließt Kunstblut. Aber der Ausstieg aus der Realität ist bitterernst gemeint

Der Tod ist einsneunzig groß und blass. Er trägt schwere Stiefel und eine schwarze Kutte, und wenn er den Mund aufmacht, kommen merkwürdige Laute raus. "Du hasch jetz auschgedienet, weisch", sagt er zu Rittern und Barbaren. Das heißt so viel wie "du bist tot, weißt du". Der Tod spricht Schwäbisch, er kann nichts anderes.

An diesem Freitagabend parkt der Tod sein Auto auf einer einsamen Landstraße im Schwabenland. Einen Kleintransporter, mit Zentralverriegelung. "Isch a gudesch Audo", sagt der Tod. Er tritt raus in die warme Sommerluft, blickt hoch zur Marienburg oberhalb des kleinen Dorfes Hütlingen, und keiner der Bürger dort ahnt zu diesem Zeitpunkt, welche Grausamkeiten sich gleich in ihrer Nachbarschaft ereignen. Sie wissen nicht, dass Werwölfe durch die historische Stauferburg ziehen und Schamanen ihre Hände im Feuer rösten werden. Dass Druiden Cocktails mixen aus Kunstblutsuppe und Kupfersulfat, und dass der Tod seine Opfer mit einer Holz-Sense verfolgen wird.

Der Tod heißt Axel und kommt aus Ulm. Eigentlich studiert er Informatik im ausgehenden 20.Jahrhundert, doch lieber fährt er als Tod die paar Kilometer ins Mittelalter. Dorthin, wo Männer noch Ritter sind und Frauen noch Mägde. Dorthin, wo er als Sensemann persönlich kommt. "Keine Frage", sagt Axel, "am liebsten würde ich nur im Mittelalter leben.''

130 Menschen treffen sich an diesem Augustwochenende zu einem Liverollenspiel im selbst erschaffenen "Reich der Helegonier". Da laufen Physiker drei Tage als halb nackte Elfen durch den Wald, Ingenieure lassen sich als böse Räuber eine Nacht lang an Bäume ketten, und Finanzbeamtinnen brutzeln Zaubertränke mit Hühnerhoden (also wenn, dann ist mir das jedenfalls noch nicht unter gekommen), um verwundete Ritter zu kurieren. Für 60 Stunden verlassen sie ihr wahres Ich und verschwinden hinter Masken und Gewändern in einer anderen Zeit.

Das Phantasie-Reich der Helegonier besteht im Jahre 9 n.F. (nach dem großen Fluch). Baron Tatzenfels verteidigt seine Burg gegen fremde Mächte aus dem Reich der Dunkelheit, er verteilt Bonmots und hält sein Volk bei Laune mit Schweinebraten und Schwarzwurzelsaft, mit Rebellenkämpfen und Minnegesängen. Entertainment nonstopp. Die Ausgangshandlung für das Event ist vorgegeben, doch die Dialoge sind frei, das Ende offen. Keiner weiß, ob der Baron gestürzt wird, ob die siechende Baronin überlebt und ob das Reich Helegonien nach drei Tagen nicht von Draws (monsterähnlichen Wesen) (sollte wohl DROWS heißen - eine ziemlich üble Rasse, die von jedermann /-frau gefürchtet wird) überfallen wird.

Etwa 20 Organisatoren haben das Wochenende so akribisch vorbereitet wie Fernsehsender ihre großen Abendshows: Sie haben Nebelmaschinen besorgt und Rauchpulver, sie haben explosive Pilze mit Sylvester-Krachern gefüllt und eigens eine 100 starke Chronik ihres Volkes geschrieben. Sechs Monate Planung für drei Tage Fantasy.

Liverollenspiele, so genannte "Cons" (Conventions) werden in Deutschland schon seit den 80er Jahren veranstaltet und finden Jahr für Jahr mehr Anhänger. Jedes Wochenende finden mindestens zwei dieser Fantasy-Events statt, und viele sind schon Monate vorher ausgebucht. Die Genres sind unbegrenzt: Einige Freaks hecheln als Cyber-Punk-Soldaten mit Laserwaffen durch die Frankfurter City, andere treffen sich auf einem Münchner Friedhof zum Vampir-Wettbeißen. (Also so stupide kann man das nicht ausdrücken. Sicher gibt es Leute, die das Klisché erfüllen, die sind jedoch die Ausnahme. Es gibt kein Vampir-Wettbeißen - totaler Quatsch) Die meisten Cons spielen im Mittelalter. Sie sind eine Mischung aus Schnitzeljagden, Liederabenden und Begegnungen mit Tolkiens "Herr der Ringe".

Es gibt Liverollenspieler, die sperren ganze Burgen und Wälder ab, damit keine neuzeitlichen Elemente ihre Idylle zerstören – kein "Flugdrachen" (Auto) und kein "Ork" (Spaziergänger). (Naja, im weitesten Sinne - Spaziergänger kenne ich eher unter "Snotlinge" - weiß auch nicht, wieso - Orks sind jedenfalls Orks!) Sie meiden elektrisches Licht, sie verzichten auf Toiletten und Tabak und bemängeln das fehlende Ambiente, wenn Spieler Socken aus Polyester tragen und mit Besteck essen statt mit den Händen. Das habe es im Mittelalter und bei Tolkien nie gegeben.

Es ist Samstagabend, und Axel, der Tod, schleicht nun schon seit Stunden durch die Burg – immer auf der Suche nach Opfern. Die Baronin von Tatzenfels, so hat er gehört, soll sterbenskrank sein. Er betritt den Turm der Marienburg, das Alchimistenlabor. Tiefgefrorene weiße Ratten (Stückpreis 4,95 Mark) baumeln von der Decke (Echt? Krank sowas - würde eher auf Gummiratten tippen, wahrscheinlich hat sich da der Redakteur eine kleine Presseveränderungsfreiheit erlaubt...), ein aufgespießtes Katzenskelett grinst durch den weihrauchvernebelten Raum (das war vermutlich auch eine Attrappe, die sehr echt aussah), und die grau geschminkte Baronin röchelt bereits in der Ecke, umgeben von "guten" Magieren. Jetzt braucht der Tod nur noch etwas Geduld. Er wird die ganze Nacht regunglos neben ihr ausharren.

Für das Leben nach Tod und Studium plant Axel den Teilzeit-Ausstieg aus der Gegenwart. Erstmal "machet mir richtig viel Geld", dann will er ein altes Schloss kaufen und danach nur noch Cons organisieren. "Mag sei, dass i weltfremd bin", sagt er, "aber i bin ganz z’friede damit.'' "Wir sind natürlich ein bisschen verrückt", findet ein Ritter, der über ein Jahr gebraucht hat, um aus 30 000 Ringen sein Kettenhemd zu fertigen. "Aber das sind Bungee-Springer und Telefonkarten-Sammler auch.'' (allerdings *g*)

Für die meisten Spieler sind Cons einfach ein großer Spaß. Und eine Flucht aus dem öden Alltag, die länger währt als der Zehn-Sekunden-Bungee-Sprung vom Fernsehturm. Auf den Events sind sie gefeierte Helden oder gefürchtete Bösewichte. Drei Tage edel, hilfreich und gut oder grottenböse. Der Heros darf Pickel haben und die Heroin Hasenzähne, und der 24jährige Germane kann stolz auf seine wippende Wampe sein, für die er sich zu Hause in Reutlingen so schämt. (Also sind wir doch Leute, die nur Realitätsflucht betreiben und schämen uns sonst immer für was? Quatsch!) "Hier lebe ich mich aus", sagt die Archäologie-Studentin Bettina. "Hier darf ich als Bauer mal richtig pöbeln und saufen. Ich darf besessen sein, und kein Vermieter klopft an die Tür.'' Und Michael findet es "voll geil", mal ein Meuchelmörder zu sein (anscheinend werden hier nur die geistig weniger gesegneten Spieler zitiert... nix für ungut...) um Selbstkostenpreis von 120 Mark. "Wo gibt es das schon?''

"Geil", sagen die Spieler selten. Eine gelungene Aktion bezeichnen sie lieber als "vortrefflich". Sie haben ständig die "Güte", die "Ehre" und vor allem das "Vergnügen". Einige belegen Kurse in Mittelhochdeutsch, andere feilen an einer eigenen Elfensprache.

Am dritten Tag kommt es auf der Marienburg zum Showdown. Hinter der Burg kämpfen Barbaren gegen barontreue Krieger. Sie schießen mit gepolsterten Pfeilen und morden mit Latex-Dolchen. 40 Erwachsene spielen Cowboy und Indianer für Fortgeschrittene, sie meinen es ernst. "Du bist tot", schreit ein Wikinger. "Bin ich gar nicht", antwortet der Barbar mit NVA-Helm. "Doch, bisch du!'' bestimmt Axel, der Tod, und sammelt ihn ein. (So läufts in der Regel nicht ab, glaub mir...)

Der Rückweg auf die Burg führt 500 Meter durch die deutsche Realität des 20. Jahrhunderts, vorbei an polierten Bürgersteigen und neuzeitlichen Dorfbewohnern. In den vergangenen Jahren haben einige brave Hütlinger schon mal die Flucht ergriffen und die Polizei gerufen. Andere halten die kunstblutbesprenkelten Krieger für "irgendwelche Theaterleute wohl". Aber genau das sind sie nicht, und darauf legen sie Wert.

Die Liverollenspieler agieren nicht für ein Publikum, sondern für sich. Sie spielen nicht zwei Stunden mit Sektpause, sondern bis zur totalen Erschöpfung. Vor allem Männer nehmen an den Cons teil, darunter viele Informatiker und Ingenieure, oft mit verkletteten Bärten und schulterlangen Haaren. Keine Soziologen, keine Schauspieler, keine Historiker. Und keine Hauptschüler. "Darauf wette ich", sagt Andreas, der Inquisitor. (Hier wurden wieder mal erstklassig die Vorurteile bedient. Es finden sich im Rollenspiel nahezu alle Berufe von Zahnärzten über Informatiker, Grafiker bis Schauspielern, etc. ist alles dabei!)

Auch die Frauen haben oft technische Berufe, aber im Mittelalter dienen sie. Sie sind Barden, Huren und selten mal Amazonen. (Ich kenne noch viel mehr Berufe, in denen man das holde Geschlecht antrifft - es gibt auch immer wieder Frauen, die sich ins Kampfgetümmel stürzen und nicht nur brav am Feuer stehen oder Heilerin sind - allerdings spielen sie doch meistens "ruhigere" Berufe *g*) Richtig gefährlich wurde es einmal für die gute Fee. Sie sei auf einem Con fast vergewaltigt worden, weil ein besoffener Söldner meinte, er könne wirklich über sie verfügen. "Dann wird es brenzlig", sagt sie. "Dann muss man sofort Time-Out geben und ins Real-Leben zurück.''

"Einige stürzen sich total in diese Welt", hat auch Ralf, der Waldelf, festgestellt. "Die können Realität und Fantasy nicht mehr unterscheiden. Wenn jemand merkt, da dreht einer durch und kommt aus seiner Rolle nicht mehr raus, nimmt man ihn beiseite, trinkt erstmal einen Kaffee und redet über den letzten Bundesligaspieltag.'' Wenn es eben jemand merkt. (ich glaube, das sind aber extrem Wenige)

Als in der Schweiz ein Spieler mit einem Kettenhemd in einem See ertrank, nannten viele das Dummheit. Als ein Jugendlicher in Frankreich Selbstmord beging, weil er sich zu sehr in ein Ritual hineingesteigert hatte, ging ein kurzer Aufschrei durch die Szene. Ohne Gefahren ist das Rollenspiel nicht, das geben auch die Helegonier zu. "Drei bis vier Stunden brauche ich, um in der Realität wieder anzukommen", sagt Andreas, der Inquisitor. Axel, der Tod, braucht mindestens eine Nacht. (Mein Gott, es gibt doch überall Idioten, oder? Bei uns wird's immer gleich auf's Hobby geschoben - sicher hat sich auch schon der ein oder andere Fußballer oder Bungee-Springer erhängt!)

Inzwischen gibt es im Zuge der wieder entdeckten Mittelalter-Euphorie Handelshäuser für keltische Gewänder und mittelalterliches Schuhwerk, Seminare für mittelalterliches Honigschleudern, einen Internet-Versand für Kriegswaffen und Fantasy-Läden in fast allen großen Städten. Sie verkaufen alles – vom Methorn bis zum Totenkopf, vom Flammenschwert bis zum Handbuch für historische Frisuren. Zeitschriften wie "Anno Domini" halten die Szene auf dem Laufenden. Und die Symbiose von Minnegesang und Heavymetal bringt nun Bands wie "Subway to Sally" und "Tanzwut" in die Charts. "Der Kommerz ist der Untergang unserer Subkultur", sagt einer der Elfen. "So nähern wir uns der Neuzeit.''

Dem Tod sind solche Debatten egal, er ist zufrieden mit seiner Ausbeute. Wo sterben an einem Wochenende schon 38 Menschen auf spektakulärste Weise? Zwei Meuchelmorde, ein Giftanschlag und reichlich Kriegsopfer. (War wohl ein hartes Con - so viele Tote sind mir noch nie untergekommen...)


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